„Haste Scheiße am Fuss,…“

Einige Tage sind vergangenen seit unserem letzten Bericht über den argentinischen Fußball. Am Tabellenbild der hiesigen Liga hat sich nicht viel getan. Immer noch führt Independiente vor der Überraschungsmannschaft Godoy Cruz und auch die Boca Juniors und River Plate sind weiterhin in einer schweren Krise. Im Kampf gegen den Abstieg liefern sich die Traditionsvereine Rosario Central und insbesondere der Racing Club und Gimnasia La Plata ein echtes Elefantenrennen.

Sensenmann Bonilla

Der Spitzenreiter

Independiente musste am Mittwoch gegen die Gimnasia La Plata die erste Niederlage nach einer gefühlten Ewigkeit hinnehmen. Zuvor konnte man von sieben aufeinanderfolgenden Spielen gar sechs für sich entscheiden, gegen Colon erreichte man ein Remis. Überhaupt musste man sich nur in bis dato zwei Saisonspielen (0-3 vs. Velez Sarsfield, 1-2 vs. Gimnasia) geschlagen geben. Mit 27 Punkten hat man weiterhin den Platz an der Sonne inne. Im nächsten Spiel gegen San Lorenzo wird auch der unlängst gesperrte Leonel Galeano wieder mitwirken können.

Die Verfolger

Godoy Cruz hält indes weiter Anschluß. Zwar erreichte man gegen Independientes Lokalrivalen Racing „nur“ ein torloses Remis, konnte den Rückstand auf den Tabellenführer somit aber auf zwei Punkte verkürzen. Garanten für den überraschenden Erfolg des Teams aus der Provinz Mendoza wären zum einen die beste Abwehr der Liga (mit nur acht Gegentoren) als auch das effektive Offensivpersonal um den Neuzugang Cesar Carranza und Federico Higuain. Wie sein Bruder Gonzalo, der momentan einen guten Lauf hat bei den Königlichen in Madrid, spielt auch der ältere Pipa eine formidable Saison.

Trainer Turco Azad

Trainer Turco Azad

Heimlich, still und leise pirschen sich die Argentinos Juniors an die Tabellenspitze heran. Durch den Auswärtssieg gegen Rosario Central konnte man nach Punkten gar zu Godoy Cruz aufschließen. Nach dem Abgang des besten Spielers Gabriel Hauche gen Racing hatte man eigentlich nicht mit einer derartigen Steigerung gerechnet. Aber gerade der umtriebige Ismael El Chuco Sosa (9 Scorerpunkte) und der wieder vollständig genesene und abgezockte Nicolas Pavlovich konnten diese Lücke schließen und sind gar die Speerspitze des zweitbesten Angriffs der Liga. Im Mittelfeld machen ja seit eh und je die sehr soliden Nestor Ortigoza und Juan Mercier auf sich aufmerksam. Das man insbesondere diese beiden Schlüsselspieler aber auch Kapitän Caruzzo vor der Saison hat halten können schlägt sich nun in der äußerst formidablen Platzierung nieder.

Vierter im Bunde der Titelaspiranten sind die Estudiantes de La Plata. Und das obwohl man aufgrund der Doppelbelastung von Liga und Copa Libertadores kräftig rotiert und in der Liga schon 25 Spieler einsetzte. Das spricht einerseits für die Tiefe des Kaders als auch anderseits für das Gespür von Trainer Sabella den wichtigen Spieler in den richtigen Momenten ihre wohlverdienten Pausen zu gönnen damit sie in den Momenten, in denen es „drauf an kommt voll da sind“. So konnte ein Mauro Boselli wettbewerbsübergreifend bis dato gar 14 Treffer erzielen. Aber auch ein Juan Veron, viele Jahre von Verletzungen gebeutelt, erscheint seit nunmehr zwei Jahren fit wie ein Turnschuh und sorgt neben der Ordnung im Spiel des amtierenden Copa-Titelträgers auch für einige Vorlagen und Tore. Für den Angriff wurde unlängst Gaston Fernandez von den Tigres (Mexiko) verpflichtet. Nach langem Bohei samt Einschalten der FIFA war er zuletzt auch endlich spielberechtigt ohne allerdings zu glänzen. Im letzten Ligaspiel am Donnerstag gegen Velez Sarfield sorgte er mit einem Handspiel nach Veron-Freistoß für das Tor des Tages, wusste ansonsten aber auch nicht zu gefallen.

Tabelle Clausura 2010

Die Krise(n)

Hat er den Masterplan?

San Lorenzo wechselte jüngst wieder einmal den Trainer. Bei der Niederlage gegen Banfield saß zum ersten Mal der neue starke Mann Sebastian Mendez auf der Bank. Er beerbte den erfolglosen Diego Simeone. Dieser war in seiner Aufgabe auch nicht zu beneiden. Der Kader ist einfach schlecht zusammengestellt und konnte auch wohl mit seiner offensiven Spielphilosophie wenig anfangen. Nun soll Mendez einen halbwegs versöhnlichen Abschluß der Saison hinbekommen. Er könnte vielen Lesern noch ein Begriff sein: Vor der abgelaufenen Apertura wechselte er aufgrund mangelnder Spielpraxis von San Lorenzo zu Banfield und war ein Garant für den sensationellen Titelgewinn des Teams aus dem Süden des Ballungsraumes der Hauptstadt. Es folgte der Rücktritt und nun die Wiederkehr zur alten Wirkungsstätte in neuer Funktion. Jetzt gilt es für den 32jährigen die Versöhnung mit den Fans und auch die Planung für die kommende Saison voranzutreiben. Der Verbleib einiger Spieler, allen voran des aus seinen Wolfsburger Zeiten bekannten Juan Menseguez oder des mit großen Hoffnungen verpflichteten Sebastian Rusculleda ist mehr als ungewiss. Auch Alejandro Papu Gomez‘, schon vor der Spielzeit als Abgang gehandelt, Tage beim Zyklon scheinen gezählt.

Dreizehn Spiele, zwei Niederlagen, mit Abstand die Schießbude der Liga. Liest sich wie die Ausbeute eines Abstiegskandidaten? Mit dieser Annahme befindet man sich auf den Holzweg. Mit dieser Bilanz können die ruhmreichen Boca Juniors aufwarten. Das man nicht ganz am Ende des Klassement rangiert verdankt man einzig dem noch schlechteren, gar noch sieglosen Club Atletico Tucuman. Aber während man von diesem auch nichts anderes erwartet, weil sie auch einfach nicht die Mittel für ein besseres Abschneiden haben (sowohl finanziell als auch personell), verpulverte Boca auch vor der laufenden Spielzeit wieder viel Geld in bislang allenfalls mittelmäßig aufspielende vermeintliche Leistungsträger. Beispielsweise der mit großen Hoffnungen in die Hauptstadt geholte Jesus Mendez (runde zwei Millionen Euro flossen dafür an Rosario Central) oder Matias Gimenez (eine halbe Millionen Euro gen Tigre). Desweiteren leistet man sich weiterhin einen Kader mit Spieler die für argentinische Verhältnisse ein exorbitantes Salär beziehen, aber dieses nur mit wenig Leistung zurückzahlen. Angefangen mit Claudio Morel in der Abwehr über Roman Riquelme hin zu Martin Palermo. Es ist ja nichts neues dass man bei den Xeneizes sehr gut verdienen kann. Das bei all den Investitionen aber rein gar nichts rausspringt ist für die Fans neu. Lange werden diese sich das sicherlich nicht anschauen. Bereits vor dem Superclasico hatten sie „das Gespräch“ mit der Mannschaft gesucht und ihnen vermittelt, dass sie auch ein wirtschaftliches Interesse am Abschneiden ihres Teams haben. Denn sie verdienen Ticketing, am Catering und am Merchandising im und um das Stadion kräftig mit – und mit den schlechten Darbietungen sinken die Besucherzahlen. Die Lichtblicke im Team sind schnell aufgezählt: Das Tor hütete beim letzten Offenbarungseid gegen Colon (0-3) der junge Josue Ayala. Und dies nicht mal schlecht, chancenlos an allen Gegentoren. Im Mittelfeld fehlte Gary Medel. Der junge Chilene ist einer der zumindest stetig in Bewegung ist und kämpft. Ebenso nicht dabei war Nicolas Gaitan. Er stellt das Tafelsilber des Klubs dar und könnte schon im Sommer für viel Geld nach Europa verkauft werden – zuletzt soll Ajax Amsterdam ja 15 Millionen Euro geboten haben. Erschreckend wie einfach die Spieler von Colon ohne Gegenwehr durch des Gegners Abwehr stolzieren und in aller Ruhe abschließen konnten. Zu allem Überfluß flog der junge Kolumbianer nach einer fiesen Grätsche gegen Facundo Bertoglio völlig zu Recht vom Platz. Im Sommer wird allenthalben 1.) mit der Ablösung des Trainers Abel Alves gerechnet und vor allem 2.) mit dem großen Umbruch gerechnet. Auch der Verkauf von Regisseur Riquelme wird in Erwägung gezogen. Die persönlichen Dissonanzen zwischen ihm und San Martin Palermo bewirkten auch eine Trennung der Mannschaft in zwei Lager. Als Nachfolger für Alvez sind u.a. Edgardo Bauza von der Liga de Quito und Guillermo Barros Schelotto im Gespräch.

Auf Initiative der erfahrenen Spieler hielten gestern nur die Spieler Rücksprache und hoffen auf bessere Zeiten. Mit Trainer Astrada?

Vergleichbar schlecht das Abschneiden vom Erzrivalen River Plate. Doch bei den Millionarios stimmt es ja bekanntlich seit langer Zeit schon nicht mehr. Nun gab der zuletzt wegen eines Rückfalls im Kampf gegen seine Alkoholsucht zurückgeworfene Ariel Ortega sein Comeback. Genützt hat es nichts, man verlor gegen die Newell’s Old Boys mit 0-1. Bezeichnend das Tor des Tages durch den Paraguayo Jorge Achucarro. Denn wie wusste uns bereits Andreas Brehme mitzuteilen: „Hast du Scheiße am Fuß, hast du Scheiße am Fuß!“.

Der Abstiegskampf

Aus fünf mach vier. Die Chacarita Juniors und vor allem der Club Atletico Tucuman marschieren in Husarenschritten der zweiten Liga entgegen. Während der Letzte Tucuman rein gar nicht reißt können die Funebreros zumindest noch den einen oder anderen Glanzpunkt setzen. Leider stehen glanzvollen Siegen wie dem 4-1 gegen Boca oder dem 3-0 gegen Arsenal nur allzu oft eine Vielzahl von Niederlagen gegenüber. Somit stehen bei zurecht auf den beiden direkten Abstiegsplätzen.

In der Abstiegstabelle punktgleich sind momentan Gimnasia La Plata, Rosario Central und der Racing Club. Erstere belegen die Relegationsplätze weil der Racing Club aufgrund der wegen starker Regenfälle abgebrochenen Partie in Tucuman eine Partie weniger bestritten hat.

Der Aufstiegskampf

Den ersten Platz der zweiten Liga hat momentan das starke Kollektiv vom Quilmes Atletic Club inne. Die Mannschaft aus der Bierstadt hat aber nur drei Punkte Vorsprung auf die punktgleichen San Martin aus San Juan und Olimpo aus Bahia Blanca. Nachdem San Martin die Hinrunde dominierte fiel man in jüngerer Vergangenheit wieder etwas zurück. Als Gegenmaßnahme wählte man einen Trainerwechsel – mit bislang zählbarem Erfolg. Sollte es bis zum Ende hin bei der Punktgleichheit bleiben müsste ein Entscheidungspiel zwischen den beiden klären wer den zweiten und letzten direkten Aufstiegsplatz erhält und wer mit den Viertplatzierten in der Relegation gegen die Vertreter der ersten Liga antreten muss. Dem Trio folgt momentan das Instituto aus Cordoba, aber auch Atletico de Rafaela ist noch in Schlagdistanz.

Die beiden führenden Torjäger, Leandro Armani (Tiro Federal) und Juan Martin (Defensa y Justicia), werden mit ihren Teams im kommenden Jahr definitiv nicht in der ersten Liga spielen. Leandro Armani wurde aber bereits häufiger mit Teams aus dem Oberhaus in Verbindung gebracht, es scheiterte aber meist an finanziellen Details. Zuletzt konnte Huracan eine Verpflichtung nicht realisieren. Bereits sieben Vorlagen kann Lucas Pratto für sich verzeichnen. Zur Spitze in dieser Wertung, welche momentan Juan Martin (Defensa y Justicia) und Jorge Luna (Gimnasia Jujuy) inne haben, fehlt ihm nur noch eine. Der ehemalige Torjäger benötigte für diese nach seinem Wechsel von den Boca Juniors aber nur elf Spiele. Nebenbei konnte er auch noch viermal einnetzen.

Torschützenliste

Vorbereiter Primera B

Die Copa

Im kontinentalen Bewerb sieht es für den Titelträger des letzten Jahres, den Estudiantes aus La Plata, richtig gut aus. Im letzten Gruppenspiel kann man mit einem Heimsieg den Gruppensieg und die damit verbundene direkte Qualifikation für die K.O-Runde perfekt machen.

Lanus hat in seiner Gruppe indes mehr Probleme: Da von einer Niederlage des Tabellenersten Libertad Asuncion gegen den bislang sieglosen bolivianischen Vertreter Blooming nicht auszugehen ist wird man sich im direkten Duell mit der Universitario aus Peru um den zweiten Platz balgen. Angesichts von zwei Punkten Rückstand muss ein Sieg her um die Hoffnung auf den Achtelfinaleinzug zu wahren. Aber: Es besteht die Möglichkeit, dass man sich auch als Zweiter nicht qualifiziert. Da zwei mexikanische Klubs in der nächsten Runde gesetzt sind (als Kompensation für den Ausschluß wegen der Schweinegrippe im letzten Jahr) werden auch die schlechtesten Gruppenzweiten ausgesiebt.

Etwas besser sind da die Chancen des amtierenden argentinischen Meisters Banfield. Zwar belegt auch nur den zweiten Platz der Gruppe 6 hinter Nacional Montevideo. Diese müssen allerdings im letzten Spiel gegen die Monarcas aus Morelia antreten. Derweil hat man es selbst zu Hause mit Cuenca aus Ecuador zu tun. Im Falle eines Erfolges über die Ecuadorianer kann man getrost für das Achtelfinale planen.

Beste Aussichten indes für Velez Sarsfield. Während es der punktgleiche große Konkurrent um den Gruppensieg Cruzeiro mit dem chilenischen Meister Colo Colo (auch noch mit Chancen!) zu tun bekommt empfängt man die Venezuelaner des Deportivo Italia. Das Team aus Caracas ist bislang noch ohne Sieg im laufenden Wettbewerb.

Der nächste Top-Transfer?

Derweil wird Sebastian Blanco anscheinend vom FC Sevilla umworben. Die Spanier bieten angeblich 10 Millionen Euro für den offensiven Mittelfeldspieler. Nach den Verkäufen von Eduardo Salvio und Diego Valeri wäre es wieder ein gutdotierter Verkauf eines hochveranlagten Eigengewächses. Seba hat einen sehr guten Antritt und eine exzellente Ballkontrolle. Er ist für sein Alter schon unglaublich besonnen am Ball und trifft meist die richtigen Entscheidungen. Der beidfüßig Mittelfeldspieler, der nicht nur im Zentrum sondern auch auf den Außenbahnen eingesetzt werden kann, spielt seit frühester Jugend für El Granate. Er wird als sehr bodenständig beschrieben, kommt in der Mannschaft sehr gut an. Sein Vertrag in Lanus läuft noch bis Ende Juni 2012.

4 Antworten zu “„Haste Scheiße am Fuss,…“

  1. christofscha

    Mittlerweile ist Boca’s Trainer Abel Alves zurückgetreten. Bis zum Saisonende werden Roberto Tito Pompei und Omar Larossa die Mannschaft trainieren. Beide hatten zuvor Jugendmannschaften im Verein betreut.

    Darüber hinaus werden Julio Falcioni, Diego Cagna, Miguel Angel Russo und Angel Cappa (auch River ist interessiert!) als mögliche Trainer für die nächste Apertura gehandelt.

  2. christofscha

    Jener Pompei war im August in eine große Schlägerei während eines Jugendspiels zwischen River Plate und den Boca Juniors involviert.
    http://www.ole.clarin.com/notas/2010/04/09/futbollocal/02177149.html

  3. Und Independiente hat das zweite Spiel in Folge verloren, da geht sie hin die gute Ausgangslage für den Schlußspurt. Hmpf. Das ist unschön.

  4. sebastián blanco 15 3 1988 22 jahre alter argentinien rechts links 3.500.000 euro geld heute sonntag 25 april 2010 ab 30 juni 2010 an 1 juli unter gute tag sommer neu fc sevilla fussball mannschaft spieler turnier am spanische sprecher flugzug sevilla 10,millionen euro geld 1tranir walter smith 24 2 1948 62 jahre alter schottland

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s