Sieben Seiten argentinisches Fußballjournal

Der vierte Spieltag in Argentinien ist (fast) vorbei und wir liefern euch Spielberichte und Videos zu allen Spielen und dazu die Topelf des Wochenende. Dazu blicken wir in unserem wöchentlichen Journal auf die neue Pünktlichkeit im argentinischen Fußball, den verstorbenen letzten Finalisten der WM 1930, die argentinischen Fußballer in Chile, eine Schlägerei in Tucumáns Amateurliga und stellen zuletzt ein paar Fangesänge vor, die auf internationalen Partyhits basieren. Sieben Mal argentinischer Fußball…

1. Der 4. Spieltag im Überblick

Ausgerechnet River Plate profitiert vom Sieg des Erzrivalen Boca gegen Vélez Sársfield und ist nunmehr alleiniger Tabellenführer.

Huracán – Newell’s Old Boys 1-1 Video

Die Gastgeber weiter ohne Sieg in dieser Saison. Durch Roly Zarate in Führung gebracht und durch Gaston Monzon’s parierten Foulelfmeter auf Siegkurs gehalten fing man sich doch anfangs der zweiten Halbzeit den Ausgleich durch Sperdutti.

Lanus – Banfield 0-0 Video

Beide Teams aus dem Süden des Ballungsraumes Buenos Aires sind nach dem torlosen Remis im Clásico weiterhin ohne Niederlage. Die erste Halbzeit kam ohne Highlights aus, in der zweiten sorgte Banfields Keeper Enrique Bologna für die ganz große Show. Gleich mehrfach konnte er sich durch exzellente Reflexe auszeichnen und die überfällige Führung für die Hausherren verhindern.

Tigre – Quilmes 3-0 Video

Dem Team von Trainer Caruso Lombardi gelang nach zuletzt drei Niederlagen in Serie der erste Sieg gegen ein erschreckend schwaches Quilmes.

CA Colon – Godoy Cruz 1-3 Video

Die Gäste aus Mendoza spielten schlecht in der ersten Halbzeit und gerieten durch ein das erste Saisontor von Damian Diaz in Rückstand. Doch nach Wiederanpfiff konnte man das Spiel drehen, sicherlich auch begünstigt durch die zwei frühen Platzverweise für Cristian Ledesma und Mauro Bellone. Der an dieser Stelle oft erwähnte David Ramirez spielte erneut sehr gut.

San Lorenzo – All Boys 3-1 Video

Nachdem die Hausherren zu Beginn dominierten kam der Aufsteiger im Verlauf der ersten Halbzeit etwas besser ins Spiel. Früh in der zweiten Hälfte gelang Juan Menseguez der Führungstreffer. Guillermo Pereyra erhöhte etwas später auf 2-0. Nach dem Anschlußtreffer durch Mauro Matos stellte Tula den alten Abstand wieder her und sorgte für den Endstand. San Lorenzo bleibt dem Tabellenführer River Plate damit auf den Fersen.

Independiente – Arsenal 1-2 Video

Grottig. Anders kann man die Auftritt von Independiente in dieser Saison nicht beschreiben. Arsenal, mit seiner Lebensversicherung Luciano Leguizamón, spielt indes formidabel mit. Sehenswert war zudem das Tor von Neuzugang Gonzalo Choy. Golazo!

Argentinos Juniors – River Plate 0-0 Video

Keines der Teams hätte einen Sieg verdient gehabt. Immerhin ein weiterer Punkt gegen den Abstieg für die Equipe von Trainer Cappa und außerdem hat man weiter die Tabellenführung inne, da…

Boca Juniors – Velez Sarsfield 2-1 Video

sich Boca gegen Velez drei Punkte erkämpfte. Letztere konnten daher nicht vom Remis River Plates profitieren und die Tabellenspitze erklimmen. Für die Gastgeber war es der erste Sieg im vierten Spiel.

Olimpo – Racing Club 1-0 Video

Die Heimstärke soll Olimpo’s Schlüssel zum Erfolg, dem Nichtabstieg, sein. In einem durchaus rassigen Spiel gelang ein knapper Erfolg gegen den Racing Club. Nach einem guten Saisonstart mit Siegen gegen die All Boys und Boca setzte es zuletzt zwei Niederlagen gegen San Lorenzo und eben Olimpo. Damit fällt man ins Mittelfeld der Tabelle zurück und bleibt somit weit hinter den eigenen Ansprüchen zurück.

Die Tabelle nach dem 4. Spieltag (ohne das verlegte Derby in La Plata)

(Christof)

2. Die Top-11 des 4. Spieltages

Football Fans Know Better

Enrique Bologna (Banfield) - Cristian Tula (San Lorenzo), Adalberto Roman (River Plate), Mariano Echeverria (Tigre), Matias Caruzzo - Sebastian Battaglia (beide Boca Juniors), Juan Mercier (Argentinos Juniors), Ariel Rojas, David Ramirez (beide Godoy Cruz) - Luciano Leguizamon (Arsenal), Nestor Bareiro (Olimpo)

(Andreas)

3. Lanús‘ Trainer Zubeldia das erste Opfer der neuen Pünktlichkeitsregel

In Argentinien schwärmt man häufig von ‚deutscher Pünktlichkeit‘, wohlwissend, dass man es selbst mit der Uhrzeit weniger genau nimmt. Gleiches gilt für die Anstoßzeiten bei Fußballspielen, sei es zu Beginn der ersten oder vor allem auch der zweiten Halbzeit.

Während in der Bundesliga oder in Champions League häufig mit Sekundenpräzision die Pfeiffe trillert, verschiebt sich am Río de la Plata häufig der Spielbeginn, da die Mannschaften verzögert das Feld betreten. Auch nach der Halbzeit setzen sich manchmal Sturköpfe in der Kabine durch und lassen ihr Team aus Aberglauben sitzen, damit die anderen zu erst den Platz betreten. So dehnt sich eine Halbzeitpause schonmal über fast 25 Minuten. Den Fernsehsendern passt dies natürlich auch nicht, so dass sie seit einigen Monaten quasi wie beim Schnellschach eine Stechuhr mitlaufen lassen, die ab dem Abpfiff der ersten Halbzeit läuft und nach abgelaufenen 15 Minuten den Regelverstoß zumindest dokumentiert. Auch der argentinische Verband AFA hatte bereits 2006 Geldstrafen für unpünktliche Vereine angekündigt, dann aber nie wirklich durchgegriffen. Vor dieser Saison der erneute Zeigefinger: Wenn ein Trainer an der Uhr dreht, muss er auf die Tribüne, so die Regelung.

Am vergangenen Wochenende wurde nun erstmals zugegriffen und es traf den jüngsten Trainer der Liga Luís Zubeldía beim Derby des Südens seines Teams Lanús gegen Banfield. Mit einer relativ geringen Verspätung von etwas mehr als einer Minute schickte Zubeldía nach der Pause sein Team zurück auf den Rasen. Schiedsrichter Sergio Pezzotta hatte dennoch keine Wahl: Er schickte Zubeldía nach einem kurzen klärenden Dialog von der Trainerbank. Laut Regelwerk muss sich der Trainer genau wie ein Rotsünder vor der Disziplinarkommission des Verbandes präsentieren und ihm droht angeblich sogar eine Sperre von mindestens fünf Spielen. Unwahrscheinlich, dass dies eintritt. Dennoch steht dem argentinischen Fußball einbißchen mehr Pünktlichkeit ganz gut.

(Viktor Coco)

4. Pancho Varallo verstirbt im Alter von 100 Jahren

Der Name Francisco Antonio Varallo sollte vielen Fußballfans nicht allzu geläufig sein. Pancho wuchs im von einem italienischen Einwanderern geprägten Örtchen im Partido La Plata, Los Hornos auf. Beim Klub 12 de Octubre erlernte er das Kicken. In diesem kleinen Vorortklub spielten bereits sein Vater und vier seiner Onkel. Fast zehnjährig spielte das Talent bei den Estudiantes in La Plata vor. Nach eigenen Angaben gelangen ihm gar 12 Tore im ersten Test – damals spielte er noch auf der rechten Außenbahn! Doch die Offiziellen seines Stammvereins untersagten ihm seinerzeit einen Wechsel zu El Pincha.

Nunmehr Stürmer und einige Jahre älter lief er 1928 zur Gimnasia y Esgrima aus La Plata über. Einem schnellen Aufstieg in die erste Mannschaft folgte auch gleich der Gewinn seiner ersten Meisterschaft. Varallo trug wesentlich zum Erfolg der Mannschaft bei und erwarb sich den Spitznamen El cañoncito del bosque (die kleine Kanone des Waldes – nach dem Stadion del Bosque von Gimnasia).

1930 wurde er zur argentinischen Nationalmannschaft berufen und für die Weltmeisterschaft in Uruguay nominiert. Der Triumphzug der Argentinier – unser Titelheld markierte beim 4-1 gegen Mexiko gar einen Treffer – wurde erst im Finale von den Uruguayos gestoppt. Gegen den großen Rivalen vom Rio de la Plata setzte es ein 2-4. Der bitterste Moment im Sportlerleben von Pancho Varallo.

Nach dem Mundial folgte ein Wechsel zu den Boca Juniors. Dort wurde er zur Legende, hielt lange Zeit den Rekord für die meisten Tore ehe diesen ein gewisser Martin Palermo viele Jahre später eroberte. Boca gewann mit dem Stürmer drei Meisterschaften. Mit der Albiceleste konnte er 1937 die Copa Sudamericano (heute Copa America) gewinnen. Nach seinem Karriereende 1940 sollten noch diverse Ehrentitel folgen.

Varallo wohnte für einen Großteil seines Lebens in einem Haus welches er von den 100.000 Pesos erwarb die er einst für seine Spielerrechte beim Wechsel zu den Boca Juniors bekommen hatte. Zudem betrieb er zusammen mit der Familie einen berühmten Lottoladen. Zeitlebens philosophierte er hauptsächlich über Fußball und verfolgte auch das aktuelle Geschehen bis ins hohe Alter hinein.

Am 5. Februar diesen Jahres feierte er seinen 100. Geburtstag im kleinen Rahmen. Am 30. August verstarb der letzte noch lebende Teilnehmer des WM-Finales 1930.

(Christof)

5. Argentinos in Chile

Weder Italien noch Spanien, auch nicht Mexiko ist Importland Nummer 1 für argentinische Fußballspieler. Chile ist größter Abnehmer für die argentinischen Ballkünstler.

Sicherlich begründet in den engen Verflechtungenen vom chilenischen und argentinischen Fußball. So ist nicht nur der Trainer der Nationalmannschaft, Marcelo Bielsa, ein Argentinier. Momentan genießen drei Übungsleiter vom Nachbarn jenseits der Anden das Vertrauen eines Erstligisten.

Desweiteren existiert die ein oder andere Vereinbarung bzw. Kooperation zwischen Klubs beider Länder, z.b. arbeiten der Racing Club und Audax Italiano zusammen.

Nicht unterschlagen sollte man das Engagement mehr oder minder seriöser argentinischer Geschäftsmänner im chilenischen Fußball: So wird der Erstligist San Felipe vom Argentinier Raul Delgado im Geschäft um Spielerrechte instrumentalisiert. Ein Ignacio Piatti, sicherlich das bekannteste von vielen Beispielen, gehört formal Union San Felipe. Erworben vom Geld des Raul Delgado der sich im Falle eines Weiterverkaufs einen ordentlichen Gewinn verspricht.

Ein Blick auf die in Chile beschäftigten Kicker beweist: Die größeren Klubs wie die „U de Chile“, die Catolica oder Colo Colo beschäftigen schon den ein oder anderen der auch im Heimatland in der ersten Liga mithalten könnte. Doch das Gros der anderen Vereine verpflichtet dann doch eher zweit- oder gar drittklassiges Personal. Für die Spieler ist das natürlich durchaus zuträglich: So verdient man in Chiles erster sicherlich besser als in Argentiniens unterklassiger Liga und man ist nicht allzu weit von der Heimat entfernt.

6. Angriff auf den Schiedsrichter bei Amateurspiel in Tucumán

Dass es in Amateurligen immerwieder zu Schlägereien zwischen Spielern und Schiedsrichtern kommt, ist ein internationaler wie trauriger Fakt.

Am vergangenen Wochenende brannte Luis Alderetes und einigen seiner Mannschaftskollegen von Eudoro Avellaneda im Spiel gegen Fudep die Sicherung durch. Bei der Begegnung der Primera B in Tucumán (unseren Rechnungen zur Folge etwa die 7. Liga des Landes) wollte Alderetes seinen Platzverweis in Folge einer zweiten gelben Karte nicht akzeptieren und stürzte sich auf den Unparteiischen Mariano Franco. Besonders schlimm ist, dass die weiteren Spieler von Eudoro Avellaneda nicht zur Hilfe eilen, sondern ihrem Mitspieler zur Seite stehen und auf den Schiedsrichter eintreten.

Dass am Río de la Plata die Toleranz zur Gewalt gegenüber Spielern der anderen Mannschaft auch im Profifußball geringer ist als in Europa, berichteten wir schon mehrmals. Auch in der Copa Libertadores wird es manchmal handgreiflich.

Dennoch hat dieses Video auch neben der Schlägerei einige interessante Beobachtungen zu bieten: Die durchaus respektable Zuschauerzahl, die Anti-Drogen Fahne hinter dem linken Tor und den amüsanten Torjubel von Fudep.

7. Argifutbol stellt Fangesänge vor, Teil III: Lutscher, La Bamba und Bonnie Tyler

In der letzten Woche stellten wir hier den (Stadion)hit „Vení Raquel“ von der Band Los Auténticos Decadentes vor. In Zukunft werden wir uns sicherlich noch weitere Male mit argentinischer Musik beschäftigen, wollen heute aber mal einen Blick über den Tellerrand hinaus wagen. Welche internationalen Popsongs schafften es auf die buntesten und lautesten Tribünen der Welt?

Es fällt insgesamt auf, dass während nationales Liedgut auf der Tribüne mit langen Texten und Strophen umgedichtet wird, die Interpretationen von nicht-argentinischen Liedern kürzer und knackiger sind.

Die brasilianische Sängerin Xuxa, die immerhin Liebesbeziehungen zu den Sportidolen ihres Landes Ayrton Senna und Pelé pflegte, veröffentlichte in den 80er Jahren einen Schlagerpartyhit, der vor allem in seiner spanischen Version noch auf jedem 15. Geburtstag zwischen Madrid und Santiago de Chile gesungen und gehüpft wird. Gesungen und gehüpft wird dessen Stadionversion in Argentinien immer mit viel Freude, um dennoch dem eigenen Team unvermeindlich klarzumachen, dass ein Sieg her muss. So tuen es die Fans von Los Andes aus Lomas de Zamora in der 3. Liga, gleich wie die Anhänger von Vélez Sársfield in der Primera División.

„Es la hora es la hora,
es la hora de ganar.
Ponga huevos xxx
que tenemos que ganar
y dale dale dale xxx  oh oh oh […]“

Die Übersetzung:

„Es ist die Stunde, es ist die Stunde.
Es ist Stunde, um zu gewinnen.
Zeigt mehr Eier xxx,
denn wir müssen gewinnen!
Auf gehts xxx… […]“

Die Fans von Boca zeigen sich etwas aggressiver gegenüber ihrer Mannschaft und singen ab der dritten Zeile: „… si non ganan esta tarde, que quilombo se va a armar…“ („…wenn ihr heute Nachmittag nicht gewinnt, wird einiges los sein.“)

Ein weiterer Song aus Brasilien, der häufig auf argentinischen Tribünen zu hören ist, heisst „Mamae eu quero“ von Carmen Miranda und stammt immerhin aus dem Jahre 1940. Obwohl von einer Sängerin präsentiert, lebt das Lied von der Doppeldeutigkeit eines ‚Lutschers‘, den der männliche Protagonist quengelnd von seiner Mama (oder seinem Schätzchen?) fordert. Diese Interpretation brachte den Hit wohl auch auf den Soundtrack des 70er Jahre Softporno ‚Eis am Stiel‘

Argentinische Fans drängen aber nicht auf Oralverkehr, sondern auf einen Sieg ihrer Mannschaft. Dieser vor Glückshormonen nur zu sprudende Chant wird meist mehr gekreischt als gesungen(hier Boca), wenn die eigene Mannschaft etwa Mitte der 2. Häfte in Führung liegt (River) und ein Erfolg absehbar ist (hier besingt San Lorenzo sein Stadtviertel Boedo). Dann fordern die Fans:

„Mama mama mama yo quiero ohohoh […]
que gane xxx, todo el ano es carnaval!“

Zusammenfassend reicht hier zu übersetzen, dass man die Mutter anbettelt, der liebste Verein solle doch gewinnen, damit das ganze Jahr Karnevalsstimmung herrsche. Es ist ein Lied, das sich nicht lange hält, denn nach einigen Wiederholungen überschlagen sich verschiedene Gesangsgruppen auf der Tribüne  im Tempo (Racing). Es sei denn, man hat eine starke Orchestertruppe (Independiente), die den Takt auch über eine schwächere Phase hinaus rettet.

Ein hundertmal kopierter Latino-Partyhit, der auch häufig auf Festen in Deutschland läuft ist „La Bamba“ vom chicano Ritchie Valens. Racings Fans haben dieses Stück adaptiert und singen, dass man, um zu Racing kommen, verrückt sein muss.

Die Fans der Academia haben ebenfalls Wind of Change von The Scorpions übernommen und beschimpfen darin Boca als botón, ein Begriff aus dem lunfardo-Jargón in Buenos Aires, der einen Polizeispitzel bezeichnet.

Da in den Gesängen der Barra Bravas Kriminalität  häufig tematisiert wird ist die Beschimpfung botón (was im übrigen Spanisch nichts anderes als ‚Knopf‘ heisst) sehr präsent. Zur Melodie des 80er Jahre Hit Karma Chameleon von Boy George singen viele argentinische Fans mit wenig Text gegen ihren großen Rivalen so zum Bespiel Independiente gegen Racing.

Wenn wir über die Achtziger reden, kommen wir an Bonnie Tyler nicht vorbei. Wenn sie aber wüsste, dass ihre  Herzschmerzschnulze „It’s a heartache“, Grundlage eines der bösesten Stadiongesänge gegen die eigene Mannschaft ist, wäre sie sicherlich schwer enttäuscht. Denn man singt bei schlechter Leistung:

„Spieler, die Fotzen eurer Mütter!
Mal sehen ob ihr Eier zeigen könnt!
Schliesslich spielen wir gegen niemanden!“

Die Fans vom Drittligsten Club Deportivo Morón attackieren auf diese Weise ihr Team, wie es sicherlich auch zur Zeit wieder die Fans von Independiente tuen. Genauso die Fans von River wobei sich die Borrachos del Tablón eine morddrohende B-Seite für das Vorgeplängel des Superclásicos gönnen. Da geht es dann nicht um ‚mehr Eier‘, sondern man kündigt an, „wenn ihr gegen Boca verliert, bleibt hier keiner übrig!“.

(Viktor Coco)

3 Antworten zu “Sieben Seiten argentinisches Fußballjournal

  1. Die letzte Legende geht

    Ein Land trauert um einen großen Helden! Am 30.August verstarb Francisco Antonio Varallo, genannt Pancho, im Alter von stolzen 100 Jahren. Mit ihm verabschiedet sich eine Ära – das letzte Überbleibsel aus einer anderen Zeit. Eine Zeit, als der Ball noch tonnenschwer und horrende Spielergehälter undenkbar waren. Pancho Varallo war der letzte Überlebende des argentinischen Amateurfußballs, letzter lebender Teilnehmer des ersten Profispieltages – am 31.Mai 1931 – und nicht zuletzt Finalteilnehmer 1930 (Uruguay bezwang Argentinien im Finale mit 4-2).

    Francisco Varallo wurde am 5. Februar 1910 in La Plata (Hauptstadt der Provinz Buenos Aires), genauer gesagt im Stadtteil Los Hornos geboren. Bis heute gilt er als der größte Sportler, den das Barrio jemals hervorgebracht hat. Zusammen mit seinen Onkeln Luis, Alberto und José Yantorno machte Francisco seine erste fußballerischen Schritte in dem kleinen Verein 12 de Octubre. Die Familie Varallo stellte seinerzeit die komplette Abwehr des Klubs (davor verteidigte sein Vater mit weiteren Geschwistern), so dass der junge Francisco zunächst gemäß der Familientradition hinten dicht machte. Dank seiner körperlichen Robustheit und eines angeborenen Torriechers spielte er anschließend als rechter Halbstürmer (insider derecho), später als Mittelstürmer. Mit 14 Jahren debütierte er bereits in der ersten Mannschaft und erzielte auch gleich das Tor des Tages (1-0 gegen Muelles y Depósitos). Mit gerade einmal 17 Jahren hatte er sich in La Plata bereits einen Namen gemacht, wodurch die beiden Großkaliber Gimnasia und Estudiantes auf ihn aufmerksam wurden. Letztlich wurde el Pancho für 500 Pesos und einem Teil einer alten Tribüne nach Gimnasia de la Plata verkauft. In seinem ersten Spiel für die Reservemannschaft Gimnasias erzielte er alle neun Tore (Endstand 9-1). Daraufhin wurde er eine Stufe höher in die Profimannschaft beordert, wo er am 17.März 1928 sein erstes Pflichtspiel bestritt und auch sofort einnetzte (3-1 gegen Sportivo Palermo). Zwei Jahre später feierte er seinen ersten Titel: In der damaligen Heimstätte River Plates bezwang Gimansia im Finale der Copa Estímulo die Boca Juniors mit 2-1. Im gleichen Jahr wurde er zum ersten Mal in die Albiceleste berufen (Debüt am 25.Mai gegen Uruguay). Bei der ersten Weltmeisterschaft 1930 startete Varallo als jüngster Spieler des Turniers zunächst nur auf der Bank, spielte sich aber im Laufe des Turniers in die erste Mannschaft und absolvierte insgesamt 4 Spiele, in diesen ihm ein Treffer gelang. Nach einem kurzen Gastspiel in Velez (für eine Amerikatour) heuerte er bei den großen Boca Juniors an. Boca bezahlte damals etwa 10.000 Pesos Ablöse und überwies ein Monatsgehalt von 800 Pesos. Bei den Bosteros sollte er sich in die ewigen Geschichtsbücher schießen – in insgesamt 222 Partien erzielte er 180 Ligatore plus weitere 14 Treffer in offiziellen Pokalspielen. In neun Jahren gewann er mit Boca drei Meisterschaften und avancierte 1933 mit 34 Toren zum erfolgreichsten Torjäger Südamerikas. In der ewigen Torschützenliste Bocas stand viele Jahre lang nur sein Weggefährte Roberto Cherro (218 Tore) vor ihm. 70 Jahre später bricht ein gewisser Martin Palermo jegliche Klubrekorde und überholt die beiden Ausnahmespieler. Aufgrund eines Meniskusschadens musste Varallo bereits mit nur 29 Jahren seine aktive Karriere beenden. Wegen seines knallharten Schusses nannten ihn die Anhänger der Boca Juniors Canoncito – einen den die Gegnerreihen fürchteten, einen den man nie zum Schuss kommen lassen durfte.
    Varallo zählte zu jener Spielerspezies, die auf dem Platz an äußerste gingen. Meist humpelte er nach 90 Minuten ausgebrannt und angeschlagen vom Platz und musste anschließend von seinen Teamkameraden aufgebaut werden. Der Torjäger wurde stets von Knieprobleme geplagt und so erzählt man sich auch folgende Anekdote: In einem Spiel wurde der Angreifer nach einem Foul am Knie verletzt und wollte daraufhin am nächsten Sonntag nicht auflaufen. In der Kabine redete man ihm ein, es sei der Meniskus – „es könne ja nur der Meniskus sein“. Sein damaliger Sturmpartner Roberto Cherros fragte ihn: „Che, wo tuts denn genau weh?“ „Im linken Knie“, entgegnete Pancho. „Ah, wenn das so ist, dann mach dir keine Sorgen, die Menisken befinden sich nämlich im rechten Knie!“ Ein erleichterter Pancho stand am darauffolgenden Sonntag wieder auf dem Platz.

    Pancho Varallo war mehr als nur ein Ausnahmefußballer, vielmehr ein Mann mit großen Charakter, ein Phänomen und zugleich der Liebling der Kurve. Was bleibt ist seine Geschichte. Eine Geschichte, die am vergangenen Sonntag sein Ende fand, jedoch im Herzen aller Xeneizes und Argentinier einen ewigen Platz gewonnen hat.

    In seiner aktiven Karriere stehen insgesamt 312 Spiele und 236 Tore zu Buche.

  2. Gewalt: auf der Suche nach eientlich was ganz anderem, fand ich das hier:
    http://www.youtube.com/user/sarangaweb#p/u/19/hWCKNHwJgTo

    Also kein Problem in Argentinien allein …. 😦

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